Infos zur Aufnahme und Interpretation von Schneeprofilen gibt´s im neuen Beitrag: Das Schneeprofil

Das Schneeprofil

Die winterliche Schneedecke baut sich über viele verschiedene Niederschlagsereignisse auf und das Wetter hat großen Einfluss auch auf den bereits gefallenen Schnee. Daher ist die Schneedecke aus zahlreichen unterschiedlichen Schichten aufgebaut. Ein Schneeprofil gibt diese geschichtete Schneedecke an einem punktuellen Standort detailliert wieder. Dabei werden die Kornformen, Korngrößen, die Handhärte und die Feuchte jeder Schicht erfasst. Alle diese Faktoren haben Einfluss auf die Stabilität der Schicht. Hat eine Schicht sehr ungünstige Eigenschaften, kann sie eine potenzielle Schwachschicht darstellen. Eine solche Schwachschicht in Verbindung mit einem darüber liegenden „Schneebrett“ kann bei ausreichender Hangsteilheit zur Auslösung einer Lawine führen. Schneedeckentests, die oft in Verbindung mit einem Schneeprofil gemacht werden, geben darüber weiteren Aufschluss. Weil sich die Schneeschichten durch Wettereinflüsse ständig verändern, ist es sinnvoll, die Entwicklung der Schneedecke über Schneeprofile im Blick zu behalten.

Wichtig ist hierbei, einen aussagekräftigen Standort zu wählen oder sich Schneeprofile eines entsprechenden Standorts anzuschauen. Faktoren wie Strahlung, Temperatur und Wind beeinflussen den Schneedeckenaufbau. Daher sollte man das Schneeprofil an einem Standort aufnehmen, der möglichst ähnliche Bedingungen aufweist wie jener, über den man eine Auskunft möchte. Das betrifft zum Beispiel die Hangrichtung und Höhenlage. Nimmt man selbst ein Profil auf, ist immer drauf zu achten, dass man sich in sicheren Bereichen befindet und sich beim Profilgraben nicht in Gefahr bringt.

Bei einem Schneeprofil sind zu Beginn Informationen zum Profilstandort, der erfassenden Person, zur Hangrichtung, Steilheit und den Wetterbedingungen angeführt, unter denen es aufgenommen wurde. Darunter folgt die Profilgrafik. Das Profil ist als Querschnitt durch die Schneedecke in der Natur dargestellt. Die Schneeoberfläche ist oben und der Boden unten. Auf der vertikalen Achse wird die Schneehöhe dargestellt. Die jeweilige Höhe der Schichtgrenzen wird hier eingetragen. Innerhalb einer Schicht werden Angaben zur Härte, der Kornform, der Korngröße und der Feuchte der Schneeschicht gemacht.

Schneeprofilgrafik mit der Angabe der einzelnen Schneeschichten und Schichtgrenzen. Innerhalb der Schichtgrenzen werden für jede Schneeschicht Angaben zur Härte, der Kornform, der Korngröße und der Feuchte gemacht.
Schneeprofilgrafik mit der Angabe der einzelnen Schneeschichten und Schichtgrenzen. Innerhalb der Schichtgrenzen werden für jede Schneeschicht Angaben zur Härte, der Kornform, der Korngröße und der Feuchte gemacht.

Handhärte:

Die Handhärte gib an, wie hart eine Schneeschicht ist. Sie wird als horizontaler Balken im Schneeprofil dargestellt. Es gibt dabei 6 Stufen:

  • Faust (F) – sehr weich: Man kann leicht und ohne Kraftanstrengung mit der Faust in die Schneeschicht drücken.
  • 4 Finger (4F) – weich: Man kann ohne größere Kraftanstrengung mit vier Fingern in die Schneeschicht einstechen.
  • 1 Finger (1F) – mittel: Man kann ohne größere Kraftanstrengung mit einem Finger in die Schneeschicht einstechen.
  • Bleistift (B) – hart: Man benötigt einen Bleistift, um in die Schneeschicht einzustechen.
  • Messer (M) – sehr hart: Man braucht ein Messer, um in die Schneeschicht einzustechen.
  • Eis (E): Es handelt sich um eine Schicht aus klarem Eis. Ein Einstechen ist nicht mehr möglich.

Benötigt man für das Einstechen in eine Schicht einiges an Kraft, versucht man es mit der Klassifizierung für die nächsthöhere Härtestufe. Große Unterschiede bei den Härtestufen zwischen zwei aneinandergrenzenden Schichten können auf Instabilitäten in der Schneedecke hinweisen.

Prüfen einer Schneeschicht auf die Handhärte 1 – Faust © Lawinenwarndienst Bayern
Prüfen einer Schneeschicht auf die Handhärte 1 – Faust © Lawinenwarndienst Bayern

Kornform:

Die Kornform lässt sich in verschiedene Klassen einteilen, die jeweils durch ein Symbol dargestellt werden. In der Schneeprofilgrafik stehen pro Schneeschicht jeweils zwei dieser Symbole hintereinander. Besteht eine Schicht nur aus einer Kornform, wird dafür zweimal das gleiche Symbol eingesetzt. Besteht eine Schneeschicht aus einer Mischform, gibt das erste Symbol die dominierende Kornform an und das zweite Symbol jene Kornform, die weniger dominant ist. In der Regel werden folgende Kornformen verwendet:

Zu achten ist besonders auf Schichten aus Formen der aufbauenden Umwandlung (kantiger Schnee, Tiefenreif auch Becherkristalle oder Schwimmschnee genannt, eingeschneiter Oberflächenreif), da diese mit einem Verlust der Bindungen zwischen den Schneekristallen in einer Schicht einhergeht. Dadurch kann diese Schicht eine potenzielle Schwachschicht darstellen. Kantige Kristalle bilden sich oft bodennah oder im Bereich von Krusten, also sehr harten Schneeschichten.

Becherkristalle vor einem Schnee-Raster © Veronika Krieger
Becherkristalle vor einem Schnee-Raster © Veronika Krieger

Korngröße:

In der Spalte neben der Kornform wird die Korngröße der einzelnen Schneekristalle einer Schicht angegeben. Meist ist hier eine Größenspanne zu finden. Die durchschnittliche Korngröße in dieser Schicht wird als erste Zahl angegeben, die maximale Korngröße in dieser Schicht als zweite Zahl. Die Korngröße kann Aufschluss über den Stand des Umwandlungsprozesses in dieser Schicht geben. Am Ende der abbauenden Umwandlung sind die Schneekristalle sehr klein, in der Regel 0,25 mm. Mit voranschreitender aufbauender Umwandlung wachsen die Schneekristalle und verlieren dabei immer mehr an Bindungen zueinander. Große, aufbauend umgewandelte Schneekristalle bilden häufig eine markante, langlebige Schwachschicht innerhalb der Schneedecke.

Feuchte:

Jeder Schneeschicht lässt sich eine Feuchte zuweisen. Diese wird ebenfalls mit der Hand geprüft. Am besten zieht man dazu einen Handschuh an, da die Handwärme sonst das Ergebnis verfälscht. Die Feuchte wird dabei in fünf Kategorien eingeteilt:

1 – trocken: Der Schnee lässt sich kaum zum Schneeball formen. Schneetemperatur < 0° C.
2 – schwach feucht: Der Schnee ist pappig und lässt sich leicht zu einem Schneeball formen. Schneetemperatur ca. 0° C.
3 – feucht: Durch die Lupe ist freies Wasser zwischen den Schneekristallen sichtbar. Es fließt kein Wasser ab.
4 – nass: Der Schnee ist wassergesättigt. Wasser fließt ab.
5 – sehr nass: Der Schnee ist mit Wasser durchtränkt.

Wird Schnee feucht, nimmt erst die Bindung unter den Kristallen zu und er lässt sich gut ballen. Füllen sich die Porenräume zwischen den Schneekristallen aber weiter mit Wasser, gehen die Bindungen verloren und der Schnee verliert an Festigkeit. Dann kann er sich als Nassschneelawine von selbst lösen. Einen guten Hinweis auf die Feuchtigkeit des Schnees geben im Gelände auch die Einsinktiefen zu Fuß oder mit Skiern, die mit fortschreitender Durchfeuchtung ebenfalls zunehmen.

Temperatur:

In den meisten Schneeprofilen wird auch ein Temperaturprofil angegeben. Der Temperaturverlauf innerhalb der Schneedecke ist entscheidend für die Umwandlungsprozesse, die dort stattfinden. Ein großer Temperaturunterschied führt zu aufbauender Umwandlung, ein geringer Temperaturunterschied zu abbauender Umwandlung der Schneekristalle. Auch gibt ein Temperaturverlauf durch die gesamte Schneedecke mit kaum Temperaturunterschieden und Temperaturen nahe 0° C Hinweise auf eine schnelle Durchfeuchtung des Schnees bei Erwärmung, da keine Kältereserven im Schnee mehr vorhanden sind.

Schneethermometer für die Messung des Temperaturverlaufs in der Schneedecke.  © LWD Bayern
Schneethermometer für die Messung des Temperaturverlaufs in der Schneedecke. © LWD Bayern

Grenzen des Schneeprofils

Über Schneeprofile kann man die aktuelle Schichtung der Schneedecke und deren Entwicklung betrachten. Man kann Schichten identifizieren, die eventuell gerade oder in Zukunft eine Schwachschicht darstellen könnten. Dabei müssen diese Schichten aber ausreichend dick sein, um sie im Schneeprofil erkennen zu können, was bei Schwachschichten nicht immer der Fall ist. Auch ist aus einem Schneeprofil nicht eindeutig herauszulesen, wie auslösefreudig eine mögliche Schwachschicht in Wirklichkeit ist. Dazu ist es notwendig, zusammen mit dem Schneeprofil einen Schneedeckentest durchzuführen, dessen Ergebnis die Schneedeckenstabilität an diesem Standort wiedergibt. Um die Prozesse zu verstehen, die im Moment im Schnee ablaufen, und zu analysieren, wo sich in Zukunft problematische Schichten bilden können oder sich diese auch wieder verfestigen, ist ein Schneeprofil jedoch unersetzlich.

Hier geht´s zu den aktuellen Schneeprofilen des Lawinenwarndienst Bayern.

Hier geht es zum aktuellen Lawinenlagebericht

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