Inhalt
Der Lawinenlagebericht beschreibt die zu erwartende Lawinengefahr in einer Region für den Zeitraum bis zur Herausgabe des nächsten Berichtes. Er wird in den Wintermonaten täglich um 18 Uhr von der Lawinenwarnzentrale im Bayerischen Landesamt für Umwelt veröffentlicht und gilt dann für den Folgetag. In Europa sind alle Lawinenlageberichte nach demselben Schema aufgebaut, damit man schnell und einheitlich alle wichtigen Informationen erfassen kann. Mithilfe von Piktogrammen wird diese rasche Lesbarkeit und Einheitlichkeit weiter unterstützt. Auf den ersten Blick sieht man also bereits Gefahrenstufen, Informationen zu den Lawinenproblemen und besonders betroffene Hangrichtungen bzw. Höhenbereiche. Wichtig ist es aber auch, den darauffolgenden Text zu lesen und sich die dort enthaltenen Angaben einzuprägen.
Warum lese ich den Lawinenlagebericht?
Der Lawinenlagebericht enthält Informationen zu der vorhergesagten Lawinensituation, abhängig von Region, Höhenlage und bei Bedarf der Tageszeit. Wenn man sich abseits von gesicherten Verkehrswegen und geöffneten Pisten aufhält, befindet man sich im freien alpinen Gelände und muss eigenverantwortliche Entscheidungen treffen. Der Lawinenlagebericht hilft dabei, sich bereits vorab in der Planung ein Bild zu machen, worauf man in der beschriebenen Region achten sollte und was einen im Gelände erwarten kann. Er gibt Hinweise, wann und wo man sich besonders defensiv verhalten sollte.
Wann lese ich den Lawinenlagebericht?
Möchte man beispielsweise am folgenden Tag eine Skitour unternehmen oder zum Freeriden gehen, schaut man sich bereits zu Beginn der Planungsphase den Lawinenlagebericht an. Ist der Lawinenlagebericht für den darauffolgenden Tag noch nicht veröffentlicht, kann man sich bereits die Tendenz im vorangegangenen durchlesen. Die Informationen können dabei helfen, ein geeignetes Ziel auszuwählen oder die geplante Tourenidee anzupassen. Betrachten sollte man vor allem, in welcher Region, in welchen Hangrichtungen und Höhenlagen man am risikoärmsten unterwegs sein kann. Ergeben sich über Nacht neue Informationen oder hat sich die Wetterprognose verändert, wird der Lawinenlagebericht in der Früh – in der Regel vor 8 Uhr – aktualisiert. Deshalb sollte man vor Antritt der Tour kontrollieren, ob sich an der Prognose etwas geändert hat. In Zeiten von Smartphones lohnt sich auch direkt im Gelände ein nochmaliger Blick auf die Lawinenprognose, wenn man sich bei manchen Informationen nicht mehr sicher ist. Zu finden ist der Lawinenlagebericht direkt hier auf der Website des Lawinenwarndienstes oder integriert in verschiedene Apps.Wie lese ich den Lawinenlagebericht?
Auf den ersten Blick gibt der Lawinenlagebericht eine ganz grobe Übersicht über die Lage im Bayerischen Alpenraum: Die allgemeine Schlagzeile fasst das Wichtigste in einem Satz zusammen. Auf der Karte ist eingezeichnet, in welchen Regionen eine höhere oder niedrigere Lawinengefahr herrscht. Für jede Region werden die Gefahrenstufen, häufig verbunden mit einer Höhengrenze, die vorherrschenden Lawinenprobleme und die davon am stärksten betroffenen Hangrichtungen angezeigt.
Die Gefahrenstufe gibt an, welche Stufe der 5-teiligen Gefahrenstufenskala derzeit in der jeweiligen Region vorherrschend ist. Das ist die gröbste Information, die an der Spitze der Informationspyramide steht, aus der sich der Lawinenlagebericht zusammensetzt. Wichtig für die richtige Verwendung des Lawinenlageberichtes ist es sich neben der Gefahrenstufe auch mit den darauffolgenden Informationen im Lawinenlagebericht zu beschäftigen.
Die Höhengrenze:
Die Höhengrenze gibt bei einer Höhenabhängigkeit der Lawinengefahr die Grenze zwischen den Gefahrenstufen an. Dies ist in der Natur ein fließender Prozess. Somit ist die Höhengrenze auch nicht als scharfe Grenze zu betrachten, sondern mehr als Übergangsbereich von einer Gefahrenstufe in die andere.
Die Lawinenprobleme:
Die Lawinenprobleme werden in Europa einheitlich kommuniziert und sollen Hilfestellungen für das Erkennen von Gefahrensituationen und das Verhalten im Gelände geben. Eine detaillierte Beschreibung der Lawinenprobleme gibt es hier. Pro Tag können ein oder auch mehrere Lawinenprobleme angegeben werden, wobei das am stärksten ausgeprägte Problem immer an erster Stelle genannt wird.
Die Windrose:
Die Windrose bezieht sich auf das zuvor erwähnte Lawinenproblem und gibt an, in welchen Hangrichtungen es zu finden ist. Diese Hangrichtungen sollte man bei seinen Aktivitäten im freien Gelände möglichst meiden oder dort besonders risikobewusst unterwegs sein.
Der Text:
Regionale Schlagzeile:
Das Wichtigste in Bezug auf die ausgewählte Region in einem Satz.
Gefahrenbeurteilung:
In der Gefahrenbeurteilung steht neben den zu beachtenden Lawinenproblemen die für eine Lawinenauslösung benötigte Zusatzbelastung, wo sich Gefahrenstellen befinden und wie viele es davon gibt sowie wie groß potenzielle Lawinen werden können. Häufig sind hier Begriffe wie „sehr steiles Gelände“, „kammnah“ oder „mittelgroße Lawinen“ zu finden. Was diese und viele andere Begriffe aus dem Schnee- und Lawinenbereich genau bedeuten, findet man detailliert im Glossar der EAWS. Die Angaben zu den Gefahrenstellen zeigen Bereiche auf, die man meiden sollte. Sie geben darüber hinaus an, ob verbreitet mit ihnen zu rechnen ist oder ob nur einzelne Hänge betroffen sind. Die Zusatzbelastung gibt Hinweise darauf, ob man beispielsweise mit Selbstauslösungen und damit auch mit Lawinen von oberhalb rechnen muss, eine Lawinenauslösung durch eine einzelne Person auf Ski/Snowboard ohne Sturz möglich ist oder ob man betroffene Hänge in der Regel zwar befahren kann, aber konsequent auf Entlastungsabstände achten sollte.
Die Lawinengröße ist ein wichtiger Faktor für die Einschätzung der Konsequenzen eines Lawinenabgangs und den zu beachtenden Auslaufbereich bei Selbstauslösungen. Bei großen Selbstauslösungen kann man auch im flachen Talboden gefährdet sein, wenn man sich im Auslaufbereich befindet. Kleine Lawinen bleiben dagegen schon nach kurzer Zeit im Hang stehen. Die Mitreiß- und Absturzgefahr bei kleinen Lawinen sollte jedoch nicht unterschätzt werden, auch wenn die Schneemenge für eine Verschüttung oft nicht ausreicht.
Schneedeckenaufbau:
Wie ausgeprägt die Lawinengefahr ist, hängt vor allem vom Aufbau der Schneedecke ab. Gibt es Schwachschichten und wie stark und verbreitet sind sie ausgeprägt? Wo in der Schneedecke befinden sich diese und um welche Art von Schwachschicht handelt es sich? Diese Informationen können jenen Nutzerinnen und Nutzern, die vertiefte Kenntnisse in Schnee- und Lawinenkunde haben, Aufschluss darüber geben, wie sie ihr Verhalten im Gelände anpassen müssen bzw. ob sie auf der ausgewählten Tour von entsprechenden Problemen betroffen sind. Im Rahmen von Schneedeckentests und Schneeprofilen können diese Angaben verifiziert und eigene Überlegungen im Gelände angestellt werden.
Wetter:
Das Wetter und die Lawinengefahr hängen stark zusammen. Die meteorologischen
Prozesse beeinflussen die Entstehung und Entwicklung von Schwachschichten und sind
bei der Tourenplanung zu berücksichtigen. Besitzt man Hintergrundwissen zu den
in der Schneedecke ablaufenden Prozessen, kann man über das Wettergeschehen die
Entwicklung der Schwachschichten nachvollziehen und sich neben den Angaben im
Lawinenlagebericht weitere Gedanken zur Entwicklung der Lawinengefahr machen.
Abgesehen davon erlauben die Daten vom Wetterbericht bzw. der Messstationen
nicht nur beispielsweise eine Einschätzung, wo man den besten Schnee findet,
sondern auch, welche anderen Gefahren bei der geplanten Tour zu erwarten sind.
Das können Kälte, Wind, starke Strahlung oder schlechte Sicht sein.
Was mache ich mit den Informationen des Lawinenlageberichts im Gelände?
Befindet man sich dann auf Tour, sollte man die Informationen aus dem Lawinenlagebericht laufend mit der Umgebung abgleichen. Da der Lawinenlagebericht für eine ganze Region gilt, kann es sein, dass sich die Situation im gewählten Tourengebiet und vor allem am Einzelhang anders darstellt. Stellt sich die Lage als kritischer heraus als erwartet, sollte das Tourenziel entsprechend angepasst werden. Wichtige Informationen dazu kann das Durchführen von Schneedeckentests liefern. Beobachtete Gefahren- und Alarmzeichen – von frischen Triebschneezeichen über „Wumm“-Geräusche oder starke Erwärmung bis zu Lawinenabgängen – geben Hinweise, ob die ausgegebene Beurteilung der Lawinengefahr mit der Situation im Gelände zusammenpasst oder sich auf der gewählten Tour anders darstellt.
Ist man auf diese Weise gut vorbereitet und mit einem wachsamen Auge unterwegs, steht dann einem fabelhaften Tag im Schnee nichts mehr im Wege.